Balkone sind individuelle Schaufenster in zwei Richtungen, halböffentliche Räume zwischen Innen- und Außen, ein zusätzliches Zimmer, Gartenersatz und Freiraum. Insbesondere, wenn jeder so ziemlich genau die gleiche Wohnung hat, auf die gleichen Fassaden blickt und diese wieder zurückblicken. Auch im noch recht frisch montierten Plattenbau der DDR beobachtete der Bauherr sogleich mit gewisser Skepsis eine wilde und eigensinnige, persönliche und charakterhafte Aneignung der Balkone. Denn diese passte nicht zur Ideologie der Platte.
Doppelseite Das Magazin, März 1983
Als der Berliner Künstler Lutz Brandt 1983 im Auftrag der Zeitschrift Das Magazin die Balkonträumereien der Bürger:innen mit satirischen Zeichnungen aufgriff und diese noch mit kleinen mockumentarischen Stories garnierte, kam Aufregung in den Apparat. Die Wohnungsbauunternehmen wiesen den Künstler an, solche Darstellungen zu unterlassen, damit die Bürger:innen nicht zu noch mehr waghalsigen Balkongestaltungen angeregt werden.
Genutzt hat das wenig. Bis heute sind Balkone ausdrucksstarke Orte ihrer Bewohner:innen. Um die Balkonträumereien aus der DDR grenzenlos ausufern zu lassen, nutzen wir, zusammen mit Bürger:innen aus Chemnitz, die künstliche Intelligenz. Denn sie kann in Sekundenschnelle aus bekannten Ansichten vollkommen neue Bilder entstehen lassen. Utopische Träume von damals, entworfen im heute.
Ostmodern in Blau. Einer der schönsten Plattenbautypen im Wohngebiet Fritz Heckert inspiriert. Zu moderner Gelassenheit, zu mediterraner Sommerfrische, zum alpinen Lebensstil.
Blickpunkt Innenstadt. Der selten gewordene Waschbeton an den Chemnitzer Platten fordert die Harmonie mit Grün. Die bestechende Geometrie braucht Brüche, Aufbrüche. Wir suchen Kontraste in unregelmäßiger Üppigkeit. Und das Stadtklima profitiert auch.
Der Blick. Das Heckert ist von Parks und Wiesenflächen durchzogen. Da liegt es nahe, den eigenen Balkon mit dem gemeinschaftlichen Grün zu verbinden, ihn farblich damit verschmelzen zu lassen, die Idee des Balkons mit großformatigen Fensterflächen aufzugreifen und die ein oder andere Pflanze selbst hinzuzusetzen.